Wednesday 28 December 2016

Die Zentralbank (1) — Banker des Staats und Banker der Banken

Image credit. Über die Grundkategorie des Vertrauens als Vorbedingung des Lebens in einer Zivilisation und der Rolle des Staats bei der Überwindung von Misstrauen habe ich hier einiges zu sagen.


Von Berufs wegen vertrauenswürdig

Zentralbanken sind dazu da, dass man sie nicht bemerkt. Sie haben dafür zu sorgen, dass uns nicht zu Bewusstsein kommt, wie unangenehm es für jeden von uns werden kann, wenn das Finanzsystem nicht mehr lautlos vor sich hinsummt.

Was genau treiben Zentralbanken den lieben, langen Tag, dass sie so wichtig sind für eine moderne Wirtschaft?

Sie agieren als Banker des Staats und als Banker der Banken.

Banker des Staats

Ein Staatswesen ist angewiesen auf Geld. Viel Geld. Und es benötigt eine Geldordnung, die eine fruchtbare wirtschaftliche Entwicklung zulässt. Für beide Zwecke benötigt der Staat eine Zentralbank.

Banken als Einzelunternehmen sind damit überfordert, neben dem Tagesgeschäft, auch noch sicherzustellen, dass ihr Miteinander reibungslos funktioniert. Das eröffnet ein weites Feld für einen Spezialisten, der sich um die Koordination der Banken kümmert.

Es stellt sich heraus, dass für diese Zwecke ein Faktor unverzichtbar ist, auf den sich eine Zentralbank vor allen Dingen spezialisieren muss, bevor sie ihre anderen Funktionen erfolgreich wahrnehmen kann: Vertrauenswürdigkeit.

Die Grenzen staatlicher Macht fallen überein mit den Grenzen, die staatlicher Destruktivität gezogen sind. Eine funktionierende Zentralbank ist ein Bollwerk gegen Versuche der politischen Macht, sich durch Machtmissbrauch selbst zu zerstören: Ein Staat braucht Geld. Deshalb muss er nolens volens hinnehmen, dass Regeln eingehalten werden, die den Wert und die Solidität der Währung gewährleisten und somit das Vertrauen der Menschen ins Geld rechtfertigen, ohne das keine Geldordnung der Welt Bestand haben kann.

Der moderne Staat ist ungleich reicher und wirkungsstärker als Staaten und staatsähnliche Institutionen aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert. Die Zentralbank hat sich profiliert als Merkmal des einflussreichen Staats modernen Zuschnitts, der angewiesen ist auf eine funktionierende Geldordnung in einer Gesellschaft, die hochgradig arbeitsteilig ist und darauf beruht, dass jeder Erwachsene sich als Verkäufer von Arbeitskraft und anderen Waren am geldvermittelten Handel zwischen den Menschen beteiligt. Seitdem der Geldnexus uns alle miteinander verknüpft, meist unbekannterweise, ist der Hüter des Geldes zu einer still wirkenden Kraft in unserem Leben geworden.

Die Zentralbanken haben sich evolutionär bewährt, indem es ihnen gelang, sich mit Verfahren des verantwortungsvollen Umgangs mit Geld als Währungshüter zu empfehlen. Während die Potentaten dieser Welt dazu neigten, sich zu überschulden, schließlich zahlungsunfähig zu werden und die Verantwortung für ihre Verbindlichkeiten abzulehnen, waren die entstehenden Zentralbanken besser darin, den Wert ihrer Verbindlichkeiten zu pflegen — etwa indem sie die gegen sie bestehenden Forderungen mit einer ausreichenden Golddeckung absicherten. Ihre Glaubwürdigkeit wurde zur Geschäftsgrundlage eines bis heute erfolgreichen Modells. 

Sie besitzen das Privileg, Geld zu emittieren oder es aus dem Wirtschaftskreislauf abzuziehen. Dies wiederum ermöglicht es ihnen, Einfluss zu nehmen auf Wohl und Weh einer Volkswirtschaft, und diese durch Verknappung des Geldes vor Überhitzung zu bewahren oder durch stimulierende Ausweitung der Geldmenge vor dem Sturz in eine Wirtschaftskrise zu bewahren oder den Weg aus einer Rezession zu bereiten.  

Banker der Banken

Aufgrund der politischen Unterstützung der Zentralbank durch den Staat, und wegen ihrer umfangreichen Goldreserven galt sie bald als größte und verlässlichste unter allen Banken. Die von ihr emittierten Umlaufmittel (Banknoten), standen im Ruf sicherer zu sein als die anderer Banken, was bedeutete, das ihre Kunden damit rechnen konnten, ihre Einlagen bequemer und sicherer in Bargeld zu konvertieren. Es konnte nicht ausbleiben, dass auch andere Banken sich diese Vorzüge zu eigen machten und Mittel bei der Zentralbank einzahlten.

Auf diese Weise unweigerlich zum Banker der Banken geworden, leistet sie diesen bis heute unverzichtbare Dienste, indem sie

(1) Kredit verfügbar macht  insbesondere bei angespannter Finanzlage der Banken (Kreditgeber der letzten Instanz),      

(2) für einen reibungslosen und effizienten Zahlungsverkehr sorgt,

(3) als Aufseher der Geschäftsbanken und des Finanzsystems fungiert.

Was den ersten Punkt betrifft, so ist die Zentralbank wegen ihrer Fähigkeit, Geld zu "drucken", in der Lage, den anderen Banken jederzeit Mittel bereitzustellen, insbesondere dann, wenn andere Banken, in krisenhaften Umständen Kredite benötigen aber nicht mehr imstande sind, sich diese untereinander zu gewähren — (später mehr zur Fähigkeit von Geschäftsbanken, Geld aus dem Nichts zu schaffen und den Grenzen, denen ihnen dabei gezogen sind).

Zum zweiten Punkt ist zu sagen, dass wir in einer hochgradig arbeitsteiligen, alle Lebensbereiche durchdringenden Tauschwirtschaft alle darauf angewiesen sind, jederzeit problemlos Zahlungen untereinander zu vollziehen. Ein technisch wirkungsvoller, preisgünstiger und verlässlicher Zahlungsverkehr ist für alle Banken und ihre Kunden von größter Bedeutung — ungeachtet des Umstands, dass auch hier wieder gilt, was wir eingangs unterstrichen hatten: eine Zentralbank ist dazu da, dass uns ihre segensreichen Aktivitäten unbemerkt bleiben.

Da alle Banken, wie wir gerade sahen, Konten bei der Zentralbank unterhalten, bietet  diese sich als Organisator des zwischen den Banken stattfindenden Zahlungsverkehrs und als zentraler Mitspieler im so genannten Interbanken-Markt an.
 

Drittens, wegen ihrer besonderen Stellung wird die Zentralbank gerne auch mit aufsichtsrechtlichen Funktionen betraut, was jedoch von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt wird. Auch wenn diese Funktion verschieden stark ausgeprägt sein kann, ergeben sich zumindest quasi-aufsichtsrechtliche Aufgaben der Zentralbank und Lenkungs-Ziele hinsichtlich des Banksystems schon aus ihrem Mandat, Finanzordnung und Volkswirtschaft Stabilität zu verleihen.

Und damit zur Stabilisierungsfunktion der Zentralbank.

Fortgesetzt hier.

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