Saturday 18 November 2017

(4) Macroeconomics — A Critique — Overview (Part 4)

 
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Die moderne Makroökonomie gleicht einem gewaltigen religiösen Projekt, einer Konfessionskirche, die sich dadurch erhält, dass ihren Angehörigen ein Gruppendenken  (groupthink) eingebläut wird. Die Riten, mit denen dieses Gruppendenken am Leben erhalten wird, erzeugen einen tiefen Glauben an die dogmatischen Grundsätze dieser Kirche und immunisieren ihre Angehörigen von Zweifeln am gemeinsamen Bekenntnis oder dem Wunsch, den Glaubensinhalten kritisch gegenüber zu treten. Die auf diese Weise kultivierte Gesinnung ist stark verzahnt mit mächtigen Institutionen, die wiederum Identität und Selbstverständnis der Gläubigen an ihren entscheidenden Stellen abstützen (beruflicher Status, Zugehörigkeit zu reputierlichen Institutionen, lukrative Positionen und Macht).

Wegen seiner Vormachtstellung in der akademischen Welt, im Wirtschaftsleben und in der Wirtschaftspolitik, gelingt eine fortwährende  Selbstperpetuierung des Glaubensbekenntnisses und eine Ausgrenzung und Diffamierung anderer, ihm gegenüber kritischer Wirtschaftstheorien. Die moderne Makroökonomie verkörpert damit ein degeneratives Paradigma, im Sinne von Imre Lakatos, der diesen Begriff für eine Lehre verwendet, die bestenfalls einen geringen empirischen Gehalt besitzt, oder kruder ausgedrückt: sich die Welt zusammenreimt, ohne sich auf empirisch gesicherte Erkenntnis zu stützen - so wie der Glaube an Gott, welcher unter gewissen Gesichtspunkten dennoch respektable erscheinen mag. Für ein Unterfangen aber, dass sich als Wissenschaft verstanden wissen will, ist derlei nicht hinnehmbar. (Bis etwa 26:00)

Wie kann ein Paradigma, das eigentlich schon zum Niedergang verdammt ist, schlicht, weil es falsch und wissenschaftlich nicht haltbar ist, sich dennoch einer so ausgeprägten Vorherrschaft erfreuen. Hier spielt offenbar etwas eine Rolle, was an Wittgensteins Kritik der Schulphilosophie erinnert, in der er den Philosophen vorwirft, durch geschickte Verwendung der Sprache bloße Scheinprobleme als genuine Probleme erscheinen zu lassen. Die Makroökonomie bedient sich Metaphern, die die in unser Denken eingebaute Neigung, Missverständnissen und Irrtümern aufzusitzen, systematisch ausnutzen. Damit gelingt es ihr, Tatbestände zu suggerieren, die in Wahrheit nur scheinbar bestehen, wie z.B. die auf empirische Befunde keine Rücksicht nehmende Theorie der Loanable Funds oder die monetaristische Theorie, wonach die Zentralbank, die Geldmenge bestimmt.

Ein anderes Beispiel solcher Täuschungen liefern metaphorische Gleichsetzungen, mit denen Makroökonomen und ihre Multiplikatoren in der Politik und der Presse Erfahrungen des Alltagslebens unsachgerecht auf gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge übertragen - in Formulierungen wie diesen: "Der Staat lebt über seine Verhältnisse". "Der Staat überzieht seinen Kreditrahmen". "Der Staat gibt Geld aus wie ein betrunkener Matrose auf Landgang." Solche scheinbar unumstößlichen Wahrheiten führen die Adressaten tatsächlich in die Irre und machen sie geneigt, politische Entscheidungen zu unterstützen, die tatsächlich sehr schädlich sind. Es werden Staatsausgaben per se verteufelt, ohne die realen Bedingungen zu berücksichtigen, unter denen Ausgaben erst schädlich werden. Der Staat hat keinen Kreditrahmen. Die Höhe seiner Ausgaben, die  nicht nur unproblematisch sondern zuträglich sind, hängt ab vom konjunkturellen Zustand und Auslastungsgrad der Wirtschaft. Staatsausgaben von enormer Höhe, die von Unkundigen als deutlich überzogen angesehen werden, können außerordentlich gesund sein, indem sie eine Wirtschaft vor einer Depression bewahren und sie zu erneutem Aufschwung verhelfen. Dem (währungssouveränen, seine eigene Währung emittierenden und sich nicht in nennenswerter Weise in Fremdwährungen verschuldender) Staat kann niemals das Geld ausgehen; zum Glück eben auch dann nicht, wenn es für ihn ratsam ist, sehr viel Geld in Umlauf zu bringen, um die Wirtschaft in Gang zu halten oder wiederzubeleben. "Anstandsregeln" wie im Maastrichter Vertrag in Gestalt fester absoluter Relationen festgeschrieben - (Defizitquote unter 3 % und Schuldenstandsquote unter 60 % des BIP - sind gefährlicher Unsinn, der aber dank geschickter Rhetorik und geschickt gewählter Metaphern wie der Gipfel der Vernunft erscheinen.

Zu diesen rhetorisch getarnten Märchen der Makroökonomie gehören auch folgende "Binsenwahrheiten":

  • Der Staat hat hauszuhalten wie ein gewöhnlicher Haushalt.
  • Staatliche Geldemission ist inflationär - Anleiheemissionen zwar auch, aber doch in geringerem Maße.
  • Die Staatsverschuldung per Emission von Staatsanleihen treibt die Zinssätze in die Höhe und grenzt private Emittenten aus (crowding out).
  • Der Staat hat für einen ausgewogenen Staatshaushalt zu sorgen. 
  • Ein Überschuss des Staatshaushalts erhöht die volkswirtschaftliche Ersparnis, wie das Ansammeln von Geld in einem Sparschwein.
  • Der Spielraum für ein sinnvolles, wirtschaftlich zuträgliches  Haushaltsdefizit lässt sich durch fixe, absolute Relationsgrößen (siehe Maastrichter Vertrag) korrekt festlegen. 

(Bis etwa 31:00)





Fortgesetzt hier.

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